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.V3 PL=65 MB=1 MT=1 DR=TMTYM FL=0 FT=0 #
RD15
#AL K
#AU Z
DAS KAISERREICH DER OTTONEN
#AU B
.LS1,15
RD11
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Nach der karolingischen Reichsteilung erfolgt ein kontinuierlicher Verfall der k”
niglichen Macht. Karl der Groáe hatte die Verwaltung seines Reiches durch Kronva
sallen organisiert. Es entstand neben dem traditionellen Stammesadel, ein Diensta
del, der mit Aufgaben der Reichsverwaltung betraut war. Fr den Dienst, der dem
K”nig zu leisten war, bekam der Vasall, der einen Treueid geschworen hatte, ein Le
hen (Benefizium). Dieses Lehen stammte aus dem k”niglichen Landbesitz. Das Lehen
endete eigentlich mit dem Tod des Vasallen (Heimfall). Doch strebten die Vasallen
danach, ihr Lehen ber den Vasallendienst hinaus so lange wie m”glich zu behalten.
Wenn ein solcher Vasall einen Sohn hatte, setzte er alles daran, das Lehen auf ihn
bergehen zu lassen, sobald sich nur eine geringe M”glichkeit dazu bot.
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Die L”sung, die in der Karolingerzeit die Erhaltung des Staates hatte sichern sollen,
hatte dazu gefhrt, daá sich eine Gruppe m„chtiger Landbesitzer bildete, deren ge
meinsames Interesse darin bestand, dem Herrscher die Verfgung ber ein wichtig
stes Machtmittel zu nehmen: die Dom„nen (k”niglicher Landbesitz).
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Insofern war es den Karolingern nicht gelungen, den Herrschaftsanspruch des Adels
zu brechen. Der Dienstadel war eingesetzt worden, um die Macht des Stammesadels,
gegen die schon die Merowinger zu k„mpfen hatten, zu brechen, damit die Idee eines
einheitlichen Reiches durchgesetzt werden konnte.
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Doch nach dem Tod Karls des Groáen (814), und der Aufteilung des Reiches, verf„llt
die K”nigsmacht immer mehr, so daá der Adel an Macht gewinnt und aus dem Dien
stadel Herrenadel wird. Die Folgen davon sind, daá durch den Zerfall der K”nigs
macht, die L„nder des Reiches von auáen immer mehr bedroht werden. Von Osten
dr„ngen die Ungarn heran und verwsten die Ostmarken, im Westen sind es die in
Skandinavien beheimateten Normannen, die zu Wasser in das Land einfallen.
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Diesem st„ndigen Verfall wird erst Einhalt geboten, als der s„chsische Herzog Hein
rich 918 zum deutschen K”nig gew„hlt wird. Das Kr„fteverh„ltnis in Europa hat sich
damit verschoben: Aus den Gebieten, die Karl der Groáe hundert Jahre zuvor mit
„uáerster Brutalit„t in den Reichsverband einbezogen hatte, kam nun ein Herr
scher, der es vermochte, die k”nigliche Macht im ostfr„nkischen Reich wieder her
zustellen.
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936 wird Otto I. (der Groáe), der Sohn Heinrichs I., deutscher K”nig. Er vermag es die
Macht des K”nigtums weiter auszubauen, was soviel bedeutet, daá ihm die Sicherung
des Reiches sowohl nach auáen als nach innen gelingt. 955 setzt Otto I. den Raubz
gen der Ungarn durch seinen Sieg am Lech ein Ende. Im gleichen Jahr erficht er ei
nen groáen sieg ber die Wenden (slawischer Stamm im heutigen Mecklenburg).
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Auch das Reichsinnere wuáten die Ottonen neu zu ordnen, die von ihnen gefundene
L”sung des Problems der Entlohnung der Staatsdiener zum Zwecke der Erhaltung
des Staates war anders als das der Karolinger:
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Die Ottonen errichteten eine kaiserliche Kirche (Reichskirche), durch die eine Grup
pe von geistlichen Machthabern geschaffen wurde, deren Interessen v”llig gleichar
tig waren und sich auf die St„rkung der monarchischen Gewalt richteten. Diese In
stitution einer kaiserlichen Kirche verlieh der Monarchie der Ottonen Festigkeit und
Dauer.
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Die Krone beanspruchte das Recht, die Bisch”fe zu ernennen. diese Handlungsweise
war nicht neu, auch die Karolinger hatten nach eigenem Ermessen ber die Bi
schofssitze verfgt.
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Neu ist, daá Otto I. mehreren Bisch”fen die Grafenrechte verlieh. Er tat es gegenber
dem Bischof von Speyer, dem Erzbischof von Magdeburg, dem Erzbischof von Mainz,
dem Bischof von Chur und dem Erzbischof von K”ln. Darber hinaus hat Otto meh
reren Bisch”fen noch Regalien, d.h. K”nigsrechte bertragen, n„mlich das Recht der
Mnzpr„gung und das Recht, Z”lle (vorwiegend Marktgelder und Binnenz”lle) zu
erheben.
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Der wesentliche Punkt bei all diesen Maánahmen war die enge Bindung des betref
fenden Bischofs an die Interessen des Herrschers; denn die Gegner, die zum Schaden
der bisch”flichen Grafen die diesem verliehenen Rechte, die kirchlichen Dom„nen
und die Befugnis die Kirchen„mter zu besetzen an sich reiáen wollten, waren die Ar
istokraten, die zugleich auch fr den Monarchen gef„hrlich waren: die Herz”ge
(Stammesadel), die Grafenfamilien (karolingischer Dienstadel, der zu Herrenadel
aufgestiegen war), gegen die sich der Kaiser durch die Reichskirche sichern wollte.
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Von diesen weltlichen und regionalen Kr„ften bedroht, wandten die Bisch”fe sich
immer wieder dem Kaiser zu, der ja eine Verbindung zu den regionalen Gewalten
(Adel) verhindern wollte und deshalb fast immer sorgf„ltig darauf achtete, daá er zum
Bischof eines Gebietes einen Mann ernannte, der nicht diesen, sondern einem ande
ren Gebiet entstammte. So kam es dahin, daá die Bisch”fe in ihrem eigenen Interesse
die Gegner der kaiserlichen Gewalt bek„mpften.
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Das System der ottonischen Reichskirche lief also darauf hinaus, eine aus m„chtigen
M„nnern bestehende gesellschaftliche Schicht zu schaffen, deren Interesse mit der
Krone v”llig bereinstimmte. diese M„nner, die eigentlich Fremde in der von ihnen
verwalteten Region waren, bildeten innerhalb des Staates eine Gruppe, die an den
Kaiser, nicht aber an einen Gebietsteil gebunden war und deren meistens im Z”libat
(Ehelosigkeit der Priester) lebende Mitglieder auch nicht durch Erblichkeit dort
verwurzeln konnten, wo sie herrschten. Nirgends und zu keiner Zeit hat es im frhen
Mittelalter ein territoriales Verwaltungssystem gegeben, das die Herrschaft des Mo
narchen in einem solchen Maáe sicherte.